Aktuelle Studie zeigt: Studentische Beschäftigte arbeiten oftmals unter prekären Bedingungen – ein Tarifvertrag kann Abhilfe schaffen.
Die am 19. Januar veröffentlichte, bundesweite Studie „JUNG, AKADEMISCH, PREKÄR“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft Bremen, durchgeführt in Kooperation mit den Gewerkschaften GEW und ver.di und der Tarifinitiative studentischer Beschäftigter (TVStud) offenbart, wie die hochflexibilisierte Beschäftigungspraxis zu finanziellen Unsicherheiten und der Nicht-Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten bei studentischen Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen führt.
Über 3.500 studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutor*innen arbeiten an Schleswig-Holsteins Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Rund 15% der befragten studentischen Beschäftigten gab an, bereits eine Zeit lang ohne schriftlichen Arbeitsvertrag gearbeitet zu haben – und das im Schnitt mehrere Wochen und teilweise unbezahlt. Ein wesentlicher Grund dafür: die Vertragsgestaltung. Es ist gängig, dass die Arbeitsverträge mit durchschnittlich 5,7 Monaten nicht einmal für ein Semester ausgestellt werden; Kettenbefristungen, damit einhergehenden Unsicherheiten seitens der Arbeitnehmer*innen und die Nicht-Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten sind die Folge. Nur knapp 37% nehmen ihren vollständigen Urlaub in Anspruch, 55% arbeiten ihre Krankheitstage mindestens manchmal, 27% davon sogar immer nach – umso häufiger, je kürzer die Verträge. Dabei legt die Studie dar, dass es sich trotz der kurzen Verträge um längerfristige Arbeitsverhältnisse handelt. Knapp 61% der Befragten gaben an, schon mindestens ein Jahr an einer Hochschule/Forschungseinrichtung tätig zu sein.
Für die meisten Studierenden handelt es sich bei diesen Arbeitsstellen um ihre Haupteinnahmequelle, knapp 90% der Befragten gaben als Motiv für diese Arbeit an, Geld verdienen zu wollen, welches laut den Daten jedoch zum Leben zu gering ausfällt: das durchschnittliche Einkommen als studentische*r Beschäftigte*r in Schleswig-Holstein liegt bei nur 360 Euro. Zudem gibt ein Drittel an, zusätzlich mindestens einen weiteren Job auszuüben. All das sind Beispiele aus der Studie, welche die prekäre Arbeitsrealität der vielen studentischen Beschäftigten in Schleswig-Holstein und Deutschland aufzeigen.
Marque Mollenhauer, Beauftragter für studentische Beschäftigte des AStA der CAU zu Kiel, dazu:
„Wir haben bereits mit solchen Studienergebnissen gerechnet, aber nun wurden die prekären Arbeitsbedingungen der studentischen Beschäftigten bestätigt. Dass es besser laufen kann, zeigt Berlin: Im Hochschulgesetz verankerte Mindestvertragslaufzeiten von i.d.R. 24 Monaten und ein Tarifvertrag wirken sich deutlich positiv auf die Einhaltung der Arbeitnehmer*innenrechte und soziale Lage der studentischen Beschäftigten aus und sichern angemessene Verhältnisse. Wie die Studienergebnisse eindeutig belegen: Ein Tarifvertrag wirkt!“
Das Land Schleswig-Holstein als auch die CAU zu Kiel haben sich für Tarifverträge ausgesprochen. Bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung am 30. Januar an der Universität Kiel mit der Staatssekretärin für Finanzen, Dr. Silke Torp, und Beschäftigten verwies die Kanzlerin der Kieler Universität, Claudia Meyer, jedoch auf die hier benötigte finanzielle Unterstützung des Landes:
„Zu guten Beschäftigungsbedingungen gehört auch eine angemessene Bezahlung. Bisher müssen die Hochschulen Anpassungen der Vergütung ihrer studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte allein aus ihrem Grundhaushalt stemmen, Erhöhungen stehen damit immer in Konkurrenz zu anderen Finanzierungserfordernissen. Hier braucht es einen Automatismus und die Übernahme der Steigerungen durch das Land, wie bei den anderen Beschäftigten der Hochschulen auch.“
Marek Ehlers von der Initiative TVStud Schleswig-Holstein:
„Mit Finanzministerin Monika Heinold als stellvertretender Vorsitzenden im Arbeitgeberverband spielt Schleswig-Holstein eine entscheidende Rolle dafür, wie es bundesweit in der Frage der Tarifierung studentischer Beschäftigter weitergeht. Die Universität ist auf studentische Beschäftigte angewiesen, denn sie werden in vielen Bereichen benötigt und übernehmen eine Vielfalt an Aufgaben. Diese Arbeit sollte mit fairen Arbeitsbedingungen und Löhnen gewürdigt werden. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist der Einsatz von Tarifverträgen. Wir werden das Land weiterhin an seine diesbezüglichen Aussagen und seinen Koalitionsvertrag erinnern!”
Am 26. Januar sind die Ende 2021 vereinbarten Gespräche zwischen dem Arbeitgeberverband der Länder und den Gewerkschaften ver.di und GEW über die Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter gestartet, maßgebliche Grundlage für diese “Bestandsaufnahme” ist die Studie “JUNG, AKADEMISCH, PREKÄR.” Ziel der bundesweiten TVStud-Bewegung ist es, in den im Herbst 2023 erneut anstehenden Tarifverhandlungen des Öffentlichen Dienstes der Länder erstmals nach 40 Jahren auch außerhalb Berlins einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte abzuschließen.
Als Allgemeiner Studierendenausschuss der Universität Kiel fordern wir, dass das Land Schleswig-Holstein sich gemäß seines Koalitionsvertrages im Arbeitgeberverband für einen Tarifvertrag einsetzt und für die Umsetzung finanzielle Mittel in die Hand nimmt, um die Hochschule dahingehend zu unterstützen, eine tarifliche Absicherung zu ermöglichen!