Im Artikel „Tipps zum Studienfachwechsel“ auf dieser Webseite werden Euch Hinweise gegeben, wie Ihr mit der Überlegung eines Studienfachwechsels umgehen könnt. Der Beitrag unterbreitet Euch Vorschläge zur Überprüfung Eurer bisherigen Studienentscheidung und möglicher Alternativen. Die Zugangsweisen zum neuen Studiengang und Finanzaspekte eines Wechsels (BAföG etc.) werden vorgestellt. Schließlich enthält der Artikel Ratschläge, wie Ihr Eure Recherche über einen möglichen Neustart systematischer betreiben könnt.
Studienabbruch – das Eingeständnis des persönlichen Versagens?
Nun kann sich für den Einzelnen auch die Frage stellen, ob das Studium nicht ganz abgebrochen werden soll.
Im Unterschied zum Studiengangwechsel ist der Ausstieg aus dem Studium eine weit gravierendere Entscheidung. Wer seinen Studiengang (oder einen Teil davon) wechselt, orientiert sich um, bleibt aber im System Hochschule. Ein Abbruch hingegen stellt die bisherige (Lebens-) Planung grundsätzlich in Frage. Dies geht häufig mit beträchtlichen Ängsten einher und mit einer Herabsetzung des Selbstwertes. Ein Abbruch erscheint als persönliches Scheitern – ursprüngliche Erwartungen hinsichtlich der eigenen Karriere drohen zerstört zu werden. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung im Berufsleben, die Erlangung des Traumberufs rücken in weite Ferne.
Hinzu kommt, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingen den Eindruck des Scheiterns verstärken. Eine akademische Ausbildung gilt als der Schlüssel zur sozialen Anerkennung und Sicherheit. Die Diskussion über den Akademiker*innenmangel befördert den Eindruck, dass sich eine berufliche Zukunft ohne Hochschulexamen nur schwer realisieren lässt. Zudem besteht die Befürchtung, dass der Studienabbruch bei späteren Bewerbungen als Makel angesehen wird – „Was sollen Arbeitgeber von mir denken?“, wird nicht selten in der Studienberatung gefragt.
Das eigene Umfeld trägt häufig genug zur Verunsicherung bei: Da sind die Mitstudierenden, die scheinbar mühelos die Studienanforderungen packen und „straight“ ihre Ziele verfolgen; da sind die ehemaligen Mitschüler*innen, die bei Zusammentreffen über ihre Erfolge in Studium und Beruf berichten; da sind nicht zuletzt die Eltern, die ihre Hoffnungen und Erwartungen auf ihre Kinder richten und schließlich auch die Finanzierung oft genug sicherstellen.
All diesen Einflüssen sehen sich die Studierenden gegenüber, was oft genug den Eindruck des eigenen Versagens verstärkt.
Im Gegenzug „die Verhältnisse“ für den eigenen Misserfolg verantwortlich zu machen, hilft da nur wenig. Zwar kann und muss über die Rahmenbedingen des Studiums gestritten werden – über Konkurrenzverhältnisse, Prüfungsdruck und soziale Selektion im Bildungswesen. Und sicher ist es so, das zahlreiche Studierende aus äußeren Gegebenheiten (z.B. Finanznot) ihre Hoffnungen auf einen Studienabschluss begraben müssen. All das ist sicher veränderungsbedürftig und auch veränderbar. Sicher ist aber auch, dass dieser Wandel nicht durch individuelle Bildungsentscheidungen eintreten wird.
Für den Einzelnen muss es in dieser Situation darum gehen, die Gründe für den möglich gewordenen Abbruch zu analysieren, um den augenblicklichen Status definieren zu können. Zum zweiten geht es um eine (Neu-) Bewertung der eigenen Ziele und Fähigkeiten. Für diese sollten in einem weiteren Schritt mögliche (Ausbildungs-) Wege erforscht werden. In diesem Zusammenhang sind Finanzaspekte bedeutsam, die für den möglichen Neuanfang oder auch bei der Aufgabe des Studierendenstatus relevant sein können. Am Ende sollte eine Entscheidung stehen, die Euch ermöglicht, Euren Interessen und Fähigkeiten ein neues, realistisches Ziel zu setzen.
Gründe für den Studienabbruch – was hat nicht geklappt?
Über verschiedene Studienprobleme ist im Artikel zum Studienfachwechsel ausführlich die Rede.
Zusammenfassend können hier Gründe vorgestellt werden, die zum Abbruch der akademischen Ausbildung führen.
In einer Studie des Hochschulinformtionssystems (HIS) von 2010 werden Motive klassifiziert, die die Befragten als wesentlich für den Studienabbruch benannt haben.
31 Prozent geben aufgrund erkannter Leistungsmängel des Studium auf oder nachdem Prüfungen nicht bestanden wurden.
19 Prozent geben Finanzierungsprobleme als entscheidenden Grund für die Studienaufgabe an – in diese Gruppe fallen auch diejenigen, die ihre notwendige Erwerbstätigkeit nicht mehr mit dem Studium vereinbaren konnten.
18 Prozent geben Motivationsprobleme als Ursache an – hier wird insbesondere die Diskrepanz zwischen den Erwartungen an das Fach und der tatsächlichen Studienrealität genannt.
Als weitere Gründe wurden die Studienbedingungen (12 Prozent), die berufliche Neuorientierung (10 Prozent) und familiäre Probleme (7 Prozent) genannt.
Die Prozentwerte geben an, welche Gründe als letztlich ausschlaggebend für den Abbruch eingeschätzt wurden – natürlich spielen für den Einzelnen häufig genug mehrere Motive eine Rolle.
Es ist für Euch nun bedeutsam, Eure eigenen Überlegungen zum Abbruch genauer zu fassen, um mögliche Alternativen präzisieren zu können:
Zunächst gibt es sicherlich äußere Umstände, die zu einem Studienabbruch führen. Wer die Finanzierung der Hochschulausbildung nicht (mehr) sicherstellen kann, gesundheitliche oder familiäre Probleme hat, muss ggf. ungewollt, aber notgedrungen sein Studium ohne Abschluss beenden.
Bei vorhandenen Leistungsproblemen gilt es – wie beim Thema Studienfachwechsel ausführlich beschrieben – danach zu differenzieren, ob diese fachimmanent sind oder es generelle Schwierigkeiten bei Stoffaneignung und Prüfungen gibt. Letzteres sollte grundsätzlich geklärt werden, da auch Berufsausbildungen Leistungsanforderungen stellen, die gemeistert werden müssen.
Bezogen auf die Erwartungen an den Studiengang ist zu klären, was genau Euch enttäuscht hat:
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War das Interesse am Fach doch zu gering?
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Gab es unzureichende Vorinformationen über den gewählten Studiengang?
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Hat sich mein ursprüngliches Berufsziel als unrealistisch oder auch als uninteressant herausgestellt?
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Sind die Arbeitsmarktchancen falsch eingeschätzt worden?
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War das Studium zu sehr an den Grundlagen orientiert?
Hier können durchaus Anhaltspunkte dafür zu finden sein, wie eine künftige Recherche betrieben werden muss, damit am Ende tatsächlich eine Ausbildung gefunden wird, die den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entspricht.
Wer die Studienbedingungen als Grund zum Abbruch anführt, sollte für sich klären, ob diese Belastungen in anderen Zusammenhängen ähnlich auftreten können. Unter dem Stichwort Studienbedingungen werden in der angeführten Studie u.a. der fehlende Praxisbezug, eine mangelhafte Betreuung, die Anonymität der Hochschule und die Unübersichtlichkeit der Studienstruktur zusammengefasst. Auch derartige Kritikpunkte an der Hochschulausbildung lassen sich als Hinweise nehmen, ob eine andere Berufswahl den eigenen Neigungen und Fähigkeiten eher entspricht.
Quintessenz bei alledem sollte sein, dass ihr aus dem Befund Eurer derzeitigen Situation einen Maßstab für die Recherche möglicher Berufsalternativen entwickelt.
Was für Erfahrungen und Kenntnisse habe ich aber erworben?
Zu dieser Recherche gehört auch, dass Ihr den aufgetretenen Problemen Eure vorhandenen Qualifikationen gegenüber stellt. Häufig macht man sich diese gar nicht bewusst. Unter den Qualifikationen sind hier zunächst konkrete Fertigkeiten zu verstehen. Dazu gehören die erworbenen Kenntnisse im Studium und ggf. Berufserfahrungen vor und neben dem Studium. Darunter fallen aber auch Computerkenntnisse und Sprachqualifikationen.
Darüber hinaus sind aber jene Befähigungen gemeint, die in den letzten Jahren unter dem Begriff „Schlüsselqualifikationen“ eine beachtliche Karriere gemacht haben. Gemeint sind Kompetenzen, die unabhängig vom jeweiligen Gegenstandsbezug der Arbeit relevant sind. Hierzu zählen soziale, persönliche und methodische Komprtenzen. Benannt werden dabei z.B. Teamfähigkeit, soziale Sensitivität, Überzeugungs- und Durchsetzungsfähigkeit, die Eigeninitiative, Belastbarkeit und Zielorientierung und auch Zeitmanagement, Arbeits- und Präsentationstechniken. Googelt man den Begriff der Schlüsselqualifikation, stößt man auf eine unübersehbare Flut an Anforderungen – wer soll die alle erfüllen?
Es kann aber lohnend sein, sich die eigenen Fähigkeiten zu vergegenwärtigen. Dazu könnt Ihr Euch fragen: Was hat mir in meinem Studium Spaß gemacht? Worin war ich während meiner Schulzeit besonders erfolgreich? Welche positiven Erfahrungen habe ich aus Jobs und Praktika gewonnen? Welchen Freizeitinteressen und Hobbys gehe ich nach?
Nicht zu vergessen: Fragt Eure „peers“ (Familie, Freunde, Bekannte), wie diese Euch einschätzen. Ihr werdet Euch wundern, welche Talente und Fähigkeiten diese an Euch feststellen, die Euch selbst noch gar nicht aufgefallen sind.
Schließlich solltet Ihr Eure persönlichen Ziele und Wünsche abstecken und sie in Beziehung zu einem möglichen Beruf setzen. Fragen hierzu könnten sein:
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Wo sehe ich mich in 10 Jahren?
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Was strebe ich privat an – Familiengründung, Reisen, Freizeitinteressen?
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Welche materiellen Wünsche habe ich – finanziell und/oder in Bezug auf den sozialen Status?
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Wie soll meine Beschäftigung organisiert sein – angestellt oder selbstständig?
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Welche Arbeitsinhalte kommen für mich in Frage – z.B. produzierend oder organisierend?
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Möchte ich kreativ tätig sein oder lieber beratend?
Recherche Arbeitsmarkt – Welcher Beruf, welche Ausbildung passt zu mir?
Deine Erfahrungen und Deine Fähigkeiten sollen nun dazu dienen, den riesigen Markt an Berufen daran zu messen: Was gehört zu mir und was nicht?
Da der Studiengangwechsel bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben wurde, stehen im Folgenden Hinweise zu Ausbildung und Jobsuche außerhalb der Hochschulen im Mittelpunkt.
In der „klassischen“ betrieblichen Ausbildung, z.B. zur Bankkauffrau oder zum Werbegrafiker, schließt Ihr mit einem öffentlichen oder privaten Unternehmen einen Ausbildungsvertrag. Die Ausbildung erfolgt i.d.R. dual im Betrieb und durch Schulbesuch und wird finanziell vergütet.
Neben der dualen Ausbildung erfolgt für zahlreiche Berufe die Qualifikation über Fachschulen (z.B. MTA oder Krankenpflege). Bei privaten Schulträgern sind hier vom Auszubildenden Schulgelder zu entrichten.
Der Öffentliche Dienst bildet (z.B. für die Steuer- oder Rentenverwaltung) in speziellen Fachhochschulen den Nachwuchs für den gehobenen Dienst aus. Die Ausbildung enthält praktische Phasen in der Verwaltung. Sie ähnelt damit dem dualen Studium an Berufsakademien. Hier wird mit einem Unternehmen ein Ausbildungsvertrag geschlossen, der die Voraussetzung für den Besuch der Berufsakademie (z.B. Wirtschaftsakademie S-H für den Abschluss Betriebswirtschaft BA) ist. Beide Ausbildungen sind also im eigentlichen Sinne ein Studium
Beim Quereinstieg in den Beruf wechseln Studienabbrecher*innen direkt in eine Berufstätigkeit. Dieser Wechsel ist gar nicht so selten. Eine Reihe von Studierenden haben sich neben dem Studium über Praktika, Jobs oder freie Mitarbeit eine Berufsperspektive aufgebaut und der Abbruch ist da nur die letzte Konsequenz. Unter Umständen kann eine mehrjährige Berufspraxis auch dazu führen, dass man von den Kammern zu Abschlussprüfungen (sog. Externenprüfungen) zugelassen wird und so einen qualifizierten Berufsabschluss erwirbt.
Schließlich machen sich Studierende aus der Hochschule heraus selbstständig und betreiben eine Existenzgründung. Auch hier wurden die Grundlagen durch die Aktivitäten neben der Universität gelegt, die in die Gründung einer Firma (z.B. im Bereich IT-Support) münden.
Neben den Angeboten gilt es auch zu prüfen, ob es ggf. finanzielle Unterstützungen für Euren Neustart gibt.
Das BAföG kann auch bei schulischen Berufsausbildungen (Schüler-BAföG) gewährt werden, ggf. fällige Schulgelder werden jedoch nicht übernommen. Informationen zum Schüler-Bafög erteilt das Amt für Schulen, Sachbereich BAföG der Stadt Kiel, Neues Rathaus, Andreas-Gayk-Str. 31.
Über die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) können Auszubildende unterstützt werden, wenn die Finanzierung über Ausbildungsvergütung und/oder durch Eltern oder Ehepartner_innen nicht zureichend ist. Anträge und Infos über das BAB und über weitere Fördermöglichkeiten gibt es über die Arbeitsagentur.
Infos zum Schüler-BAföG und zur BAB bekommt Ihr auch in der BAföG- und Sozialberatung des AStA.
Zur Recherche Eurer möglichen Chancen sollte Ihr Euch dringend beraten lassen. Ansprechpartner*innen für Eure Fragen sind die Berater*innen des Teams Akademische Berufe der Bundesagentur für Arbeit. Sie bieten Beratung auch speziell für Studienabbrecher an.
Kontakt findet Ihr über das
Büro des Teams akademische Berufe
Westring 391b (neben dem Audimax).
Sprechzeiten:
Di 13.00 – 15.00 Uhr, Mi 8,30 – 12.00 Uhr, Do 8.30 – 11.00 Uhr
Tel. während der Sprechzeiten 0431/709-2022
Dort erhaltet Ihr auch eine umfangreiche Broschüre zum Thema, dem dieser Artikel auch viele Informationen verdankt. Das Team bietet zudem Seminare zum Studienabbruch an.
Über das Berufsinformationszentrum BIZ
Gaardener Ring 3
Öffnungszeiten: Mo bis Fr 7.30 – 12.30 Uhr, Mo und Mi auch 14.00 – 16.00 Uhr
Kontakt: 0431/709-1230
erhaltet Ihr Zugang zu umfangreichen (Online-) Recherchequellen rund um Ausbildungsplatz und Jobsuche.
Über Termine bei der Berufsberatung könnt Ihr Hilfestellungen bei der Berufsfindung erhalten und auch am Selbsteinschätzungstest Explorix kostenlos teilnehmen.
berufenet ist die umfangreiche Datenbank der Arbeitsagentur, die Ihr über Suchmaske oder auch alphabetisch nach Infos über Ausbildungen, Berufe und Zugangsweisen durchforschen könnt. Unter
kursnet steht Euch eine Datenbank mit Weiterbildungsangeboten zur Verfügung.
Einige weitere Online-Angebote zum Thema sind:
Das Buch „Studien- und Berufswahl“ ist Euch aus der Schulzeit bekannt – unter www.studienwahl.de erhaltet Ihr umfangreiche Infos zu Ausbildungsberufen, Fachschulausbildungen, Berufsakademien und Ausbildungen für den Öffentlichen Dienst.
Unter www.abi.de steht die Online-Fassung des Abi-Magazins der Arbeitsagentur. Über die Suchmaske erhaltet Ihr Zugang zu den Beiträgen der letzten Jahre – hilfreich hier sind insbesondere die Branchenreports und weiterführende Links für die eigene Recherche.
www.ausbildung.net ist ein kommerzielles Info-Portal, das Euch übersichtlich viele nützliche Informationen zu Berufswahl, Bewerbung und Vorstellungsgespräch, Finanzierung usw. bietet.
www.studienabbrecher.com ist ein Portal für diese Zielgruppe. Es enthält hauptsächlich Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Unternehmensprofile.
Über diese Informationswege solltet Ihr genügend Anhaltspunkte für Eure Neuorientierung erhalten. Hinzu kommen selbstverständliche die Recherchewege, die bereits beim Thema Studiengangwechsel empfohlen wurden. Verschafft Euch einen Einblick in die Berufspraxis, über die Anforderungen, Ausbildungswege, Karrierechancen etc., in dem Ihr Euch mit Leuten aus der Praxis unterhaltet. Praktika sind hier eine gute Gelegenheit, das Arbeitsfeld näher kennen zu lernen.
Was ist bei einer Exmatrikulation zu beachten?
Und wenn sich als Alternative nicht ein anderes Studium anbietet, stellt sich irgendwann die Frage der Exmatrikulation. Die Aufgabe des Studierendenstatus hat einige Konsequenzen für Sozialleistungen und – versicherungen. Wendet Euch bei weiteren Fragen dazu an die BAföG- und Sozialberatung des AStA.
BAföG-Bezieher*innen müssen ihren Studienabbruch unverzüglich dem BAföG-Amt melden. Das BAföG-Amt hat die Möglichkeit der Rückforderung, da die Leistung an den Hochschulbesuch geknüpft ist.
Eine spätere Neuaufnahme eines Studiums unterliegt den Bestimmungen über den Fachrichtungswechsel.
Die Rückzahlung des unverzinslichen Darlehensanteils beim BAföG beginnt regulär 5 Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer. Sofern dann kein ausreichendes Einkommen vorliegt, kann eine Freistellung von der Rückzahlung beantragt werden. Es ist also nicht so, wie vielfach befürchtet, dass bei einem Studienabbruch das BAföG sofort zurückzuzahlen ist (zum Thema BAföG siehe auch das ausführliche Info des AStA, das in einer Neuauflage im Herbst 2016 erscheinen wird).
Wer Studienkredite bezieht, kann aus den jeweiligen Vertragsbedingungen die Modalitäten der Rückzahlung beim Studienabbruch entnehmen. Hier sind die Fristen der Rückzahlung i.d.R. erheblich kürzer.
Das Kindergeld wird altersabhängig (25 Jahre) an Auszubildende gezahlt. Wenn Ihr also nach dem Studienabbruch eine Ausbildung beginnt, könnt Ihr grundsätzlich weiterhin Kindergeld beziehen. Das Kindergeld kann auch für bis zu 4 Monate in einer Übergangszeit vor Antritt der Ausbildung gezahlt werden oder für eine Zeit der Ausbildungsplatzsuche. Wichtig ist aber, dass der Studienabbruch der Kindergeldstelle bekannt gemacht wird.
Die gesetzliche Krankenversicherung der Studierenden endet einen Monat nach dem letzten Studiensemester. Der anschließende Versicherungsstatus ist abhängig davon, was Ihr in der Folge unternehmt. Auszubildende werden über das Ausbildungsverhältnis versichert – gleiches gilt natürlich, wenn Ihr eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmt. Bezieher*innen von Arbeitslosengeld I können über den Leistungsbezug pflichtversichert werden. Für das ALG II gilt dies allerdings nur, solange ihr zuvor nicht privat versichert wart.
Wer unter 23 Jahre alt und nicht erwerbstätig ist, kann weiterhin über die gesetzliche Familienversicherung mitversichert werden.Sollte das nicht auf Euch zutreffen, könnt Ihr Euch unter Umständen auch freiwillig versichern – Informationen erteilt Euch dazu Eure Krankenversicherung.
Der Bezug von Arbeitslosengeld 1 ist nur für diejenigen unter Euch möglich, die innerhalb der letzten 2 Jahre vor Antragstellung wenigstens 360 Tage sozialversicherungspflichtig tätig waren. Die überwiegende Zahl der Studi-Jobs ist allerdings versicherungsfrei. Für die meisten Studienabbrecher*innen kommt daher das Arbeitslosengeld 2 (auch Hartz IV genannt) in Frage. Dieses kann gewährt werden, wenn Ihr „hilfebedürftig“ und „erwerbsfähig“ seid.
Seid Ihr älter als 25 Jahre, darf die Behörde keinen Elternunterhalt mehr fordern. Habt Ihr jedoch das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet, muss Euch das Jobcenter erstens prinzipiell sofort einen Job oder eine Trainingsmaßnahme vermitteln. Lebt Ihr noch bei Euren Eltern, bildet Ihr mit diesen zweitens zwangsweise eine sog. „Bedarfsgemeinschaft“ mit weitgehendem Einkommens- und Vermögenseinsatz – bis Ihr 25 werdet, ist dann ein Umzug in eine eigene Wohnung im Leistungsbezug nur noch im Ausnahmefall möglich. Lebt Ihr nicht mehr zuhause, fordert die Behörde drittens Elternunterhalt, wenn Ihr noch keine berufliche Erstausbildung absolviert habt. Informiert Euch vor einem ALG 2-Antrag auch bei unabhängigen Beratungsstellen, die die für Euch relevanten kommunalen Besonderheiten kennen (Verzeichnis siehe z.B. www.tacheles-sozialhilfe.de).
Der Unterhaltsanspruch den Eltern gegenüber erlischt mit dem Abbruch des Studiums. Unter Umständen können die Eltern verpflichtet werden, eine andere Ausbildung zu finanzieren. Zum sehr komplexen Thema Unterhaltsrecht findet Ihr eine detaillierte Übersicht bei www.studis-online.de unter dem Button Studienfinanzierung. Fragen hierzu beantwortet auch die Allgemeine Rechtsberatung im AStA.
Der Zeitpunkt des Abbruchs – wann ziehe ich die Reißleine?
Dass der Entschluss zum Abbruch möglichst früh getroffen werden sollte, ist ein Allgemeinplatz und konkret wenig hilfreich. Interessant ist aber, dass durch die Einführung von Bachelor und Master ein deutlicher Wandel beim Zeitpunkt des Abbruchs eingetreten ist. Lag in den alten Abschlüssen die durchschnittliche Studienzeit lt. der HIS-Studie vor dem Verlassen der Hochschule bei 6,7 Semestern, liegt sie beim Bachelor nunmehr bei 2,3 Semestern. Ursächlich sind zum einen die geänderten Studienbedingungen der neuen Abschlüsse. Durch die ständige Leistungsüberprüfung erfahren Studierende sehr früh die Anforderungen des Faches. Nicht verschwiegen werden soll hier, dass die Sache durchaus System hat: „Die Unis prüfen haufenweise Leute raus“ vermeldete in ZEIT-online die Leiterin der psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks Göttingen.
Die rigiden Prüfungsvorgaben und die allgemeine Situation auf dem Arbeitsmarkt führen zu einem weiteren Effekt: In den alten Abschlüssen wurde der Abbruch während des Studiums über einen längeren Zeitraum vorbereitet. Durch – wie oben erwähnt – berufspraktische Aktivitäten neben dem Studium bauten sich Studierende oftmals ihre Alternativen auf. „Für die Bachelor-Studiengänge gibt es erste Indizien dafür, dass die Alternativen heute nicht mehr so einfach sind. Es gibt aufgrund der veränderten Studienbedingungen kaum mehr die Möglichkeit, mit dem Studienabbruch so lange zu warten, bis man sich neue Alternativen erarbeitet hat“, zitierte die Stuttgarter Zeitung den Autor der HIS-Studie Ulrich Heublein.
In der AStA-Studienberatung bekomme ich in diesem Zusammenhang vermehrt Anfragen von angehenden Abbrechern und Abbrecherinnen mit, die nach kurzem Aufenthalt an der Uni auf Pläne zurückgreifen, die oftmals Abiturienten und Abiturientinnen umsetzen – ein Freiwilliges Soziales Jahr, ein Auslandsaufenthalt über Au-Pair oder Work&Travel. Solche Aktivitäten sind grundsätzlich sinnvoll – sie geben Anregungen und Erfahrungen und können – nicht zuletzt – ein toller Lebensabschnitt sein. Für wichtig halte ich aber auch, dass man sich mit solchen Aktionen nicht vor überfälligen Entscheidungen drückt.
Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bei einem Studienausstieg
Die Chancen jenseits einer Hochschulausbildung auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen stehen im Übrigen sehr gut. Der viel besprochene Fachkräftemangel betrifft nicht wesentliche die akademischen Berufe, sondern die “mittlere” Ebene: Gesundheitsberufe, Handwerk, Techniker*innen, Dienstleistung. Und so gibt es mittlerweile intensive Bestrebungen von Politik, Kammern (IHK und Handwerk) und der Arbeitsverwaltung für diese Berufe auch bei Studierenden Werbung zu machen, die sich mit einen Studienabbruch beschäftigen. So kann u.a. eine Verkürzung der Ausbildung den Umstieg in eine neue Laufbahn erleichtern.
Zu diesen Möglichkeiten bieten die Hochschulen in Schleswig-Holstein, die Kammern und die Arbeitsagentur die Informationsveranstaltung “Kursänderung – Berufliche Perspektive trotz Studienabbruchs” an. Genauere Angaben finden sich auf der Webseite der CAU.
Die Handwerkskammer Lübeck bietet sogar eine eigene Beratung für Studienaussteiger an der Uni Kiel an. Die Offene Sprechstunde findet dienstags, von 10.00 – 13.00 im Beratungszentrum des Studentenwerks, Mensa 2, Leibnizstr. 14, statt
Zum Schluss…
… möchte ich auf die eingangs zitierte Frage zurück kommen, die ich sehr häufig von Ratsuchenden höre: „Was sollen mögliche Arbeitgeber von mir denken, wenn ich mein Studium abgebrochen habe?“
Inzwischen neige ich zu der Gegenfrage: „Was hältst Du denn vor Dir selbst?“
Obiger Artikel sollte verdeutlichen, dass es viele Gründe gibt, das Hochschulstudium ohne Abschluss zu beenden und nicht immer ist man dafür selbst verantwortlich. Aber selbst wenn Ihr Euch verkalkuliert habt, bringt es nichts, mit Selbstvorwürfen und schlechtem Gewissen auf der Stelle zu treten. Und der Eindruck den man auf andere macht, ist an dieser Stelle erst einmal irrelevant. Hingegen glaube ich, dass Ihr durch Euer bisheriges Studium und den Misserfolg darin viel über Euch lernen könnt. Dies kann Euren Blick auf Eure weiteren Planungen schärfen und zu für Euch realistischen Konsequenzen führen. Nicht zuletzt: Einen solchen Prozess mit Neugier und Konsequenz zu durchlaufen, ist allemal gut für das Selbstbewusstsein. Und wenn dieser neue Weg Euch überzeugt, könnt Ihr auch andere überzeugen.
Solltet Ihr zu alldem Fragen haben, wendet Euch an die im Artikel genannten Stellen – oder kommt einfach in die Studienberatung des AStA Solltet Ihr nach Möglichkeiten suchen, Euer Studium fortzusetzen oder das Fach zu wechseln und habt dazu Fragen – dann natürlich auch!
Volker Röhrich
(der sich für die Unterstützung bei Roland Schulz von der BAföG- und Sozialberatung des AStA bedankt.
Allgemeine Studienberatung AStA Uni Kiel
Wilhelm-Seelig-Platz 3
24118 Kiel
Tel.: 0431/880-1519
E-Mail:studienberatung@asta.uni-kiel.de
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10.30 -14.00 Uhr (freie Sprechstunde)
sowie Mo-Fr. 8-10 und Mi 15-17.00 (nach tel. Vereinbarung)
Tipps zum weiterlesen:
Piolot, Peter. Studienabbruch und Alternativen, Stuttgart 2014
Die bereits im Text erwähnte Broschüre des Teams Akademische Berufe Kiel
„Studium abgebrochen? Neue Chancen ergreifen!!!“
Im Uni-Büro des Teams erhältlich oder online.
(so lernt Ihr gleich die Webseiten der Arbeitsagentur kennen – schon wieder eine Qualifikation 😉
Viele nützliche Infos stehen zudem auf den Seiten des bereits erwähnten Portals www.studis-online.de
Copyright: Volker Röhrich, AStA CAU Kiel