Der AStA hat sich auf seiner ersten Sitzung in der neuen Amtsperiode am 10.07.2025 der folgenden Stellungnahme des 82. Studierendenparlaments vom 16.06.2025 angeschlossen:
Der freie und gleiche Zugang zu Bildung ist ein Grund- und Menschenrecht. So steht es auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
„Jeder hat das Recht auf Bildung. […] Der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.“
Dieses Ideal, für das auch wir uns mit aller Macht einsetzen, ist jedoch in Gefahr. Mit auf zu niedrigem Niveau stagnierenden BAFöG-Bedarfssätzen und immer weiter steigenden Semesterbeiträgen zeichnet sich eine gefährliche Entwicklung ab: Das Studium droht, erneut zu einem Luxus zu werden (und ist es zum Teil bereits geworden), den sich nicht alle leisten können. In diesem Fall zählt weniger das eigene Können als die finanziellen Ressourcen, sei es auf dem eigenen Konto oder denen von Verwandten.
Als ursächlich hierfür erachten wir einen mangelnden Stellenwert von (Hochschul‑)Bildung in der Politik und Gesellschaft. Während stets davon gesprochen wird, dass Studieren für alle unabhängig von ihrer sozialen Herkunft möglich sein muss, wird diesem Ideal auf Bundes- und Landesebene aktiv entgegengearbeitet:
Landesebene: Semesterbeiträge, Verwaltungsgebühren und Hochschulfinanzierung
Auf Landesebene sorgen schon seit Längerem die stetig steigenden Semesterbeiträge für Unmut unter den Studierenden. Ein wesentlicher Faktor, der außerhalb der direkten Kontrolle der Studierenden liegt, sind hierbei die Beiträge an das Studierendenwerk. Traditionell wurde das Studierendenwerk zu großen Teilen aus Landesmitteln finanziert und die Studierenden mussten nur einen kleinen Anteil an der Ausfinanzierung des Studierendenwerks leisten. Inzwischen jedoch stagnieren die Zuschüsse aus der Landeskasse und Kostensteigerungen müssen über die Beiträge der Studierenden ausgeglichen werden. Selbst die häufig angepriesene Erhöhung der Zuschüsse um 1,1 Millionen Euro im Jahr 2023 ist in diesem Kontext nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Nur knapp über 20 Prozent der Mittel des Studierendenwerks stammen aus Landeszuschüssen. Abgesehen davon reichen die aktuell zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht ansatzweise aus, um den allein in den Mensen des Studierendenwerks seit Jahren bestehenden Sanierungsstau abzubauen.
Als wäre das nicht schon genug, sollen die Studierenden über den sogenannten „Verwaltungskostenbeitrag“ auch für die Hochschulfinanzierung zur Kasse gebeten werden. Was klingt, als sollen sich Studierende nun mit einem angemessenen Anteil an den in der durch sie anfallenden Kosten in der Universitätsverwaltung beteiligen, ist in Wahrheit ein einfacher buchhalterischer Trick, um ein drohendes Haushaltsloch zu stopfen: Auf Basis der Studierendenzahlen aus dem Wintersemester 2022/23 wird ein Beitrag berechnet, der in seiner Gesamthöhe den zu senkenden Ausgaben entspricht. Dieses Geld fließt an die Universitäten, während die Finanzierung aus Landesmitteln in gleichem Umfang reduziert wird.
Blöd nur: Weil die Studierendenzahl seit 2022 gesunken ist, fallen die Einnahmen aus dem Verwaltungskostenbeitrag geringer aus als die vorgesehenen Kürzungen der Landesmittel. Studierende sollen also für finanziell schlechter ausgestattete Hochschulen draufzahlen.
Aber es kommt noch schlimmer: Das Land Schleswig-Holstein plant mit den neuen Ziel- und Leistungsvereinbarungen eine Reform des Verteilungsschlüssels für die Hochschulfinanzierung. Hochschulen wie unsere ohnehin bröckelnde und unterbesetzte Universität drohen noch weiter auszubluten, während andere Hochschulen finanziell profitieren würden. Bei diesem Nullsummenspiel mit zu knappen Ressourcen drängt sich der Gedanke auf, dass die Hochschulen gegeneinander ausgespielt werden sollen.
Als Studierendenschaft bekennen wir uns solidarisch mit allen Angehörigen der Schleswig-Holsteinischen Hochschulen. Wir erklären uns bereit, unseren Anteil an koordinierten Protest- und Gegenmaßnahmen, wie z.B. Streiks, gegen die immer weiter fortschreitende Unterfinanzierung unserer Hochschulen zu leisten.
Bundesebene: Deutschland-Semesterticket und BAföG
Auch auf Bundesebene sieht es nicht besser aus. Ein weiterer Faktor, der ab dem Wintersemester 2025/26 zu einer Steigerung des Semesterbeitrags führen wird, ist der gestiegene Preis des Deutschland-Semestertickets. Da dieser an den Preis des regulären Deutschlandtickets gekoppelt ist, schlagen Preiserhöhungen an dieser Stelle unmittelbar auf den Semesterbeitrag durch. Trotz der gestiegenen Kosten handelt es sich beim Deutschland-Semesterticket bisher noch um die preis-leistungstechnisch günstigste Lösung, Studierenden den Zugang zum ÖPNV zu ermöglichen – das landesweite Ticket wäre teurer und ein Ticket nur für Kiel bloß geringfügig billiger. Und das, obwohl das Deutschlandticket als Landes-Jobticket weniger kostet. Wir fordern daher eindrücklich dazu auf, den Preis für das Deutschland-(Semester-)Ticket nicht weiter zu erhöhen.
Bleibt noch ein letzter Rettungsanker für finanziell nicht privilegierte Studierende – das BAföG. Über die genaue Ausgestaltung und die Probleme in der Umsetzung (z.B. nötige Nachweise, Bearbeitungsdauer, etc.) lässt sich trefflich streiten, aber das Grundproblem liegt woanders.
Die Grundidee klingt stimmig: Finanziell schwächer gestellten Studierenden aus nicht wohlhabenden Haushalten soll mittels staatlicher Unterstützung dennoch ein Studium ermöglicht werden. Doch wie bereits thematisiert, scheint offenbar kein politisches Interesse an einer auskömmlichen, im besten Falle elternunabhängigen, staatlichen Studienfinanzierung zu bestehen. Schlimmer noch: Selbst das Bundesverfassungsgericht scheint der Auffassung zu sein, dass Studierende sich freiwillig für ein Leben unter dem Existenzminimum entscheiden und doch bitte arbeiten gehen sollen, wenn ihnen das Geld nicht reicht. Dass potentiell Studierende damit gezwungen sind, unterqualifizierte und schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen, wird dabei gänzlich unterschlagen. Schwer zu glauben? Steht aber so im Beschluss vom 23.09.2024, Az. 1 BvL 9/21:
„Es berührt nicht die Menschenwürde, wenn eine Hochschulausbildung wegen fehlender Mittel nicht möglich ist und zur Vermeidung von Bedürftigkeit einer existenzsichernden Ausbildung oder beruflichen Tätigkeit nachgegangen werden muss. Soweit mittellose Zugangsberechtigte tatsächlich und rechtlich nicht in der Lage sind, eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder Hilfebedürftigkeit auf andere Weise zu vermeiden, haben sie wie alle Menschen, die ihre Existenz nicht selbst sichern können, Anspruch auf die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unabdingbar notwendigen Leistungen. Diese Leistungen sind dann jedoch nicht dazu bestimmt, eine angestrebte oder begonnene Hochschulausbildung zu ermöglichen, sondern dienen allein der Bewältigung der existenzgefährdenden Notlage. Dementsprechend endet der verfassungsrechtliche Gewährleistungsanspruch, sobald eine Möglichkeit zur unmittelbaren Selbsthilfe tatsächlich eröffnet ist, auch wenn dies den Verzicht auf eine Hochschulausbildung zur Folge hat.“
Unsere Forderung: Konsequentes Handeln
Politik sollte ehrlich sein. Politisches Handeln sollte konsequent sein. Da man sich in der Politik scheinbar einig ist, dass Bildungs- und Chancengerechtigkeit erstrebenswerte Ziele sind, fordern wir:
Lösen Sie Ihr Versprechen von Bildungsgerechtigkeit ein. Nehmen Sie die nötigen tiefgreifenden Reformen in Angriff und stellen Sie die Mittel dafür bereit. Senken Sie den Preis für das Deutschland-Semesterticket mindestens auf den des Landes-Jobtickets oder gestatten Sie uns die freie Nutzung des ÖPNV. Beschleunigen und finanzieren Sie dringend notwendige Baumaßnahmen an den Liegenschaften der Hochschulen. Ermöglichen Sie entsprechende Personalausgaben, um der Unterbesetzung auf allen Ebenen der Universität entgegenzuwirken. Finanzieren Sie das Studierendenwerk vernünftig aus und führen Sie eine allgemeine, elternunabhängige Studienfinanzierung ein. Machen Sie höhere Bildung zu einem Allgemeingut in unserer Bildungsgesellschaft.
Wir können unsere Hochschulen nicht länger vernachlässigen. Sie haben es in der Hand.
Bildquellen
- Universitäts-Hochhaus (links) und Auditorium Maximum: Foto: Jürgen Haacks / Uni Kiel