Allgemeiner Studierendenausschuss der Universität Kiel
Studierendenparlament der Universität Kiel
Initiative TVStud Schleswig-Holstein
An den
Vorsitzenden des Bildungsausschusses
Herrn Martin Habersaat
via E-Mail
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Habersaat,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Schreiben kommen wir Ihrer Bitte um Stellungnahme zu den oben genannten Anträgen der Fraktionen von SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen und CDU nach, um die Sie in Ihrer E-Mail vom 18. Juni 2024 gebeten haben. Wir bedanken uns für die Möglichkeit, Stellung zu nehmen und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung. Dies ist eine gemeinsame Stellungnahme von TV-Stud, des AStA sowie vom Studierendenparlament der Universität Kiel.
Die Lage studentisch Beschäftigter ist weiterhin prekär und erfordert dringend Handlungen der Landesregierung. Wir als TVStud fordern unverändert eine Tarifierung aller studentisch Beschäftigten. Wir begrüßen den Antrag der SPD-Fraktion, da er die Landesregierung in die Pflicht nimmt, sich mit der Lebenssituation von jungen Menschen im prekären Wissenschaftssystem auseinanderzusetzen und sich die im Koalitionsvertrag gesteckten Ziele ins Gedächtnis zu rufen.
In Schleswig-Holstein arbeiten ca. 3500 studentisch Beschäftigte. Sie sind eine tragende Säule des akademischen Betriebes. Dennoch gelten 78,1 % der studentisch Beschäftigten als armutsgefährdet.1 Außerdem geben 34,2 % der studentisch Beschäftigten aus Schleswig- Holstein an, in den letzten zwölf Monaten neben ihrem Vollzeitstudium und ihrer Tätigkeit als studentisch Beschäftigte eine weitere bezahlte Tätigkeit ausgeübt zu haben.2 Diese Zahlen sind ein deutliches Signal, dass Handlungsbedarf besteht. CDU und Grüne haben sich die Tarifierung der studentisch Beschäftigten im Koalitionsvertrag zwar vorgenommen, sind in der letzten
Tarifrunde mit dieser Position aber gescheitert. Aus unserer Sicht ist es nun Zeit, für kurzfristige Verbesserungen zu sorgen. Die Schuldrechtliche Vereinbarung, auf die sich die Tarifparteien im Dezember 2024 geeinigt haben, ist ein erster Kompromiss, kann aber nicht das erklärte Ziel sein. Anders als bei einem Tarifvertrag können die Beschäftigten die Ansprüche aus der Schuldrechtlichen Vereinbarung nämlich nicht einklagen. Zudem lässt die Schuldrechtliche Vereinbarung großen Interpretationsspielraum: Sie sieht vor, dass Verträge künftig „in der Regel“ eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.3 Dass bisher nicht rechtlich bestimmt wurde, in welchen Fällen von der Regel abgewichen werden kann, führt in der Praxis dazu, dass die Regelvertragslaufzeit nicht konsequent umgesetzt wird. So werden für das kommende Wintersemester Verträge ausgegeben, welche die Regelvertragslaufzeit von zwölf Monaten unterschreiten, was in Kettenverträge und finanzielle Unsicherheit für die Beschäftigten mündet.
So kann es nicht weitergehen! Es gibt aber Möglichkeiten zur Verbesserung, die jetzt schon umgesetzt werden könnten:
- Wir fordern, dass Studierende, die im Wissenschaftssystem angestellt und dort für den Betrieb unverzichtbar sind, genug zum Leben verdienen. Die TdL hat ihre Richtlinie nach der letzten Tarifrunde aktualisiert und gibt ihren Mitgliedern darin ausdrücklich die Möglichkeit, den studentisch Beschäftigten höhere Stundenlöhne als die in der Schuldrechtlichen Vereinbarung festgesetzten zu zahlen und ihnen eine Jahressonderzahlung zu gewähren.4 Davon sollte Schleswig-Holstein dringend Gebrauch machen.
- Die Umsetzung der Schuldrechtlichen Vereinbarung ist uneinheitlich und inkonsequent. Das Land als Arbeitgeber ist aufgefordert, für die schleswig-holsteinischen Hochschulen einheitlich zu definieren, welche Ausnahmegründe zur Unterschreitung der Regelvertragslaufzeit von einem Jahr in Betracht kommen. Dies sollte aus unserer Sicht im engen Dialog mit den Beschäftigten geschehen. Welche Ausnahmegründe aus unserer Sicht abzulehnen sind, haben wir jüngst in einem Positionspapier dargestellt.5
- Um Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr zu ermöglichen, muss die Höchstbefristungsgrenze in § 69 Absatz 3 Hochschulgesetz SH gestrichen werden.
Seit Inkrafttreten der Schuldrechtlichen Vereinbarung haben uns Meldungen erreicht, dass die Stundenumfänge der Verträge studentisch Beschäftigter bei gleichbleibendem Arbeitsaufwand gekürzt oder Verträge aus finanziellen Gründen nicht verlängert werden. Statt bei den Beschäftigten zu sparen, sollten Land und Hochschulen sich anstrengen, die gestiegenen Personalkosten aufzubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Namen der Studierendenschaft
- vgl. Hopp et al. 2013, S. 69. ↩︎
- vgl. Hopp et al. 2013, S. 66. ↩︎
- vgl. Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder 2023, Ziffer IX,1,a. ↩︎
- vgl. Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte vom 28. Februar 2024, Ziffern I,1,4 und I,3. ↩︎
- Positionspapier der Initiative TVStud Schleswig-Holstein vom 19.07.2024 ↩︎
Image sources
- Hörsaal Thumbnail: Foto: Jürgen Haacks / Uni Kiel