Pressemitteilung

Großangelegte Umfrage belegt: BAföG-Amt kommt gesetzlichem Auftrag nicht nach, leidtragende Studierende in finanzieller Existenznot und unter starken Belastungen

Im Juni 2021 führte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der CAU Kiel in Zusammenarbeit mit der Landes-Asten-Konferenz (LAK SH) eine landesweite Umfrage zum BAföG durch, an der sich 1.841 Studierende beteiligten. Das BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) soll jungen Menschen mit finanziell schwachem Hintergrund ein Studium ermöglichen und somit zur Bildungsgerechtigkeit beitragen.

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die gesetzliche Pflicht, diese Förderung auch zu leisten, aktuell in gravierender Form vom Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerkes SH vernachlässigt wird. Die Argumentation, dass es sich bei Problemfällen um Einzelfälle handeln würde, kann grundlegend widerlegt werden.

Die Antragsstellung und -bearbeitung erweist sich in Schleswig-Holstein seit Jahren als Problemfeld. Mit dem Beginn und dem Fortgang der Corona-Pandemie wurden diese Probleme noch schwerwiegender und betreffen heutzutage noch mehr Studierende. Neben erschreckenden Bearbeitungszeiten, die zu monatelang anhaltenden finanziellen Notlagen führen, sind die schlechte Erreichbarkeit des BAföG-Amtes, fehlende Rückmeldungen und Anforderungen von Nachweisen, die längst eingereicht wurden, nur ein Teil der von den Studierenden berichteten Probleme.

Die beklagten Probleme haben sich trotz mehrfachem Kontakt mit den Verantwortlichen des Amtes für Ausbildungsförderung nicht gebessert. Darüber hinaus wurde das Bildungsministerium kontaktiert, welches ebenfalls die strukturellen Probleme abwies und die Schuld auf die Studierenden verschob. Ziel der in diesem Jahr durchgeführten Umfrage war es, die BAföG-Situation der Studierenden in Schleswig-Holstein realistisch abzubilden sowie die bestehenden strukturellen Probleme aufzudecken.

Auszug der Ergebnisse: Von den insgesamt 1.841 Teilnehmenden der Umfrage geben knapp 90% an, Probleme bei der Antragstellung gehabt zu haben. Das größte Problem sind die langen Antragsbearbeitungszeiten, so geben 724 Studierende an, länger als zwei Monate vom Ausbleiben der BAföG-Auszahlung betroffen zu sein. 800 Studierende geben an, dass die Wartezeit ihre Lebensqualität sehr oder teilweise beeinflusst. Darunter befinden sich auch Studierende, welche den Verlust ihrer Wohnung fürchten, da sie monatelang keine Miete zahlen können oder sich nicht ausreichend ernähren können, obwohl sie Anspruch auf BAföG-Mittel haben. Bei 558 Studierenden sorgte eine Förderungslücke für eine sehr oder teilweise geminderte Leistungsfähigkeit im Studium, beispielsweise durch Existenzängste, Stress und mangelhafte Ernährung. Auch die Erreichbarkeit des BAföG-Amts stellt ein Problem dar, so geben 381 Studierende an, dass in keiner Weise auf E-Mails und Anrufe reagiert wurde.

Die erhobenen Ergebnisse der Umfrage zeigen existentiell bedrohliche Lebenslagen vieler Studierender, welche dringend auf Änderungen der derzeitigen Probleme angewiesen sind. Im Interesse der betroffenen Studierenden und der Bildungsziele der Landesregierung ist eine Verbesserung der Situation unverzüglich erforderlich.

Wir fordern deshalb die Landesregierung dringend dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten und erforderliche Abhilfe zu leisten, damit die Missstände im Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerkes abgestellt werden. Die bestehenden Bearbeitungsrückstände müssen möglichst zeitnah aufgearbeitet und die Kapazitäten dauerhaft erhöht werden, um bestehende Rechtsansprüche zu erfüllen und solch enorme Rückstände in Zukunft zu verhindern.

Darüber hinaus müssen die gesetzlichen Regelungen zu Bearbeitungszeiten konsequent eingehalten werden. Dabei ist notwendig, schnell unbürokratische Lösungen zu schaffen, falls diese Zeiten nicht eingehalten werden können. Um Förderungslücken zu verhindern, muss die Möglichkeit der Zahlung eines Vorschusses auch bei Folgeanträgen geschaffen werden.

Vor dem Hintergrund der herrschenden Missstände bezüglich der BAföG-Situation in Schleswig-Holstein und der anhaltenden Corona-Pandemie, die den Lehrbetrieb an Hochschulen weiterhin gravierend einschränkt, muss die Regelstudienzeit auch im Wintersemester 2021/2022 erneut ausgesetzt werden.

Weiterhin setzen wir uns für eine grundlegende Überarbeitung des BAföG auf Bundesebene ein, damit es an aktuelle Lebenshaltungskosten und heutige Studienbedingungen angepasst wird und für echte Bildungsgerechtigkeit sorgt.

Die Landesregierung muss ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen, die strukturellen Missstände im Amt für Ausbildungsförderung des Studierendenwerkes lösen und den Rechtsanspruch der betroffenen Studierenden erfüllen.